John Bowlby, einer der Urväter der Bindungsforschung, definiert Bindung als
„Eine enge und überdauernde emotionale Beziehung von Kindern zu ihren Eltern und anderen Bezugspersonen“
John Bowlby
😊 Bindung ist das unsichtbare Band zwischen zwei Menschen.
😊 Bindung ist das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit.
😊 Bindung ist die bestärkende, positive innere Stimme.
😊 Bindung ist das Urvertrauen und das Gefühl, gesehen, geliebt und akzeptiert zu werden.
Zusammengefasst versteht man unter Bindung also die emotionale Beziehung zwischen Kindern und ihren Bezugspersonen. Die körperliche sowie psychische Nähe zu diesen Bezugspersonen suchen die Kinder besonders dann, wenn sie Verunsicherungen, Trauer, Furcht oder Krankheit in einem Maße erleben, dass es ihnen nicht mehr ermöglicht, sich selbst zu regulieren. Das Kind sucht Schutz und Beruhigung bei der Bindungsperson in subjektiv und objektiv erlebten Gefahrensituationen.
Wichtig zu wissen ist dass das Konzept der Bindung keine Einbahnstraße ist, denn es bindet sich nicht nur das Kind an die Bezugsperson, die Bezugsperson bindet sich auch an das Kind.
Die Qualität der Bindung, die das Baby erfahren hat, hat einen großen Einfluss auf seine eigene Bindungsfähigkeit, das eigene Selbstwertgefühl und weitere Faktoren, welche das ganze Leben hindurch das Kind beeinflussen können. Eine sichere Bindung wirkt sich beispielsweise positiv auf den Umgang mit Belastungen im Erwachsenenalter und auf die Fähigkeit aus, sich selbst aus schwierigen Situationen heraus wieder aufzubauen. Diese Fähigkeit wird als Resilienz bezeichnet.
Begeben wir uns auf den Pfad der Wissenschaft, wird deutlich, dass das Konzept der Bindung keine neuartige Theorie ist. Zahlreiche Forscher haben sich dem Thema Bindung gewidmet.
Von Mary Ainsworth wissen wir, dass es immer eine Bindung zwischen Eltern, bzw. der Bezugsperson und ihren Kindern gibt. Sie unterteilte Bindung in verschiedene Qualitätsstufen. Das Spektrum beginnt bei unsicher gebunden bis hin zu sicher gebunden.
Harry Harlow erforschte am Verhalten von Affen die Bedeutung von Bindung. In seinen Experimenten stellte er fest, dass die Affen eine plüschige Drahtattrappe ohne Futter der einer harten Attrappe mit Futter bevorzugten. Seine Forschung konnte zeigen, dass Bindung überlebenswichtig ist.
Bowlby, Ainsworth und Harlow konnten mit ihren Forschungen zeigen, dass jedes Kind eine Bezugsperson hat, die Qualität der Bindung variieren kann und die Bindung an sich überlebenswichtig ist.
„Ihr Baby zieht Sie magisch an und Sie ziehen ihr Baby an – das muss genauso sein. Lassen Sie sich einfach ziehen“
Tatje Bartig Prang
Bindung ist überlebenswichtig und der Natur ist daran gelegen, das Baby überleben zu lassen. Bereits in der Schwangerschaft wird die Bindung begründet. Die Stimme der Mutter kann das Baby am klarsten wahrnehmen und das Fruchtwasser schmeckt nach der Mutter. Ein Baby ist nach der Geburt darauf disponiert, Bindung aufzubauen, es erkennt seine Mutter und sucht nach der Geburt den ersten Blickkontakt zu der Mutter.
Wichtig zu erwähnen ist, dass Bindung ein fortschreitender Prozess ist. Eine stabile Beziehung wächst und entsteht aus fortwährenden alltäglichen Interaktionen zwischen den Bezugspersonen und dem Baby.
Bindung entsteht in vier Phasen, die eng mit der motorischen Entwicklung und der Gehirnentwicklung des Kindes verknüpft sind. In der ersten Phase, den ersten zwei Lebensmonaten akzeptiert das Kind jede Art von Zuwendung. Es ist für alles offen und unterscheidet nicht nach Bindungsrelevanz. Im Alter von drei bis sechs Monaten hat das Baby gelernt, Erwartungen an seine Bezugspersonen zu entwickeln und kennt bestimmte Abläufe. Es unterscheidet nun zwischen bekannten und unbekannten Personen. Im Alter von sieben bis 12 Monaten hat sich die Bindung etabliert und die Bezugspersonen sind zu einer sicheren Basis geworden. Man spricht gerne von der Fremdelphase, in der Kinder deutlich zeigen, welche Bezugsperson sie bevorzugen. Mit Beginn des Spracherwerbs entwickelt das Kind nicht nur Verständnis dafür, was die Bezugspersonen erklären. Es beginnt auch, Gefühle und Bedürfnisse der Bezugspersonen zu verstehen.
Ein wichtiger Faktor, welcher die Bindung stärkt, ist die Feinfühligkeit des Erwachsenen gegenüber dem Kind. Damit ist gemeint, das Verhalten des Kindes wahrzunehmen, es zu interpretieren und prompt und angemessen darauf zu reagieren. Prompt muss nicht heißen, dass das Bedürfnis selbst sofort gestillt werden kann, vielmehr kann man dem Kind erklären, dass man ein bestimmtes Bedürfnis wahrgenommen hat, man dies aber nicht sofort stillen kann.
Ein Beispiel für feinfühliges Verhalten ist die Reaktion auf das Baby, das unruhig wird. Die Bezugsperson nimmt wahr „Das Baby hat Hunger“ und reagiert darauf, indem sie dies wiedergibt und danach versucht, dieses Bedürfnis zu stillen, dem Baby also Nahrung zu geben.
Elisabeth Anisfeld konnte 1990 in ihrer Forschung zeigen, dass es einen konkreten Zusammenhang zwischen Tragen und Bindung gibt. Sie untersuchte Mutter-Kind Gespanne und teilte diese in zwei Gruppen ein – jene mit Tragen und jene mit Wippen. Mit Hilfe dieser Studie konnte sie zeigen, dass Kinder, die getragen worden sind, mit einer höheren Wahrscheinlichkeit sicher gebunden sind als die Kinder der Kontrollgruppe. Interessant dabei ist, dass schon das Tragen über einen kurzen Zeitraum pro Tag ausreichend war.
Die Forschungsgruppe um Evelin Kirkilionis widmete sich dem Thema Bindung aus dem Blickwinkel der Evolutionsbiologie. In ihren neueren Forschungen liegt der Fokus auf dem Körperkontakt. Sie konnte zeigen, dass dies ein wichtiger Faktor für die gesunde Entwicklung eines Neugeborenen ist und dieser Aspekt mit dem Tragen sehr gut erfüllt werden kann. Lela Rankin Williams konnte diese Forschungsergebnisse bestätigen und zeigte auch, dass bereits kurze Trageeinheiten ausreichen, um diesen positiven Effekt zu erzielen.
Tragen hilft Dir, die Bedürfnisse Deines Babys wahrzunehmen. Durch den engen Kontakt merkst Du schneller, wann dein Kind beispielsweise müde ist und Du kannst auf seine Bedürfnisse reagieren. Tragen hilft Dir auch, wenn Du intuitiv auf bestimmte Situationen reagierst. Weint Dein Baby, wirst Du es sehr wahrscheinlich automatisch wiegen. Das beruhigt das Baby.
Für Dein Baby bist Du eine Informationsquelle. Reagierst Du auch in lauten Situationen gelassen, wird Dein Baby bei Dir diese Rückversicherungen suchen und ebenso gelassen reagieren. Tragen gibt Deinem Baby Sicherheit und Geborgenheit.
Ganz nebenbei – durch Körperkontakt wird das Kuschelhormon Oxytocin ausgeschüttet. Es macht uns Erwachsene feinfühliger und sensibler und sehr empfänglich für Bindung zu unserem Kind.
Ihr seht – Tragen ist für die enge Bindung zum Baby ganz wunderbar. Es fördert die Bindung quasi nebenbei. Und Ihr könnt dabei ganz viel kuscheln!