Base Size – hast du den Begriff im Zusammenhang mit Tragetüchern schon einmal gehört? Ich erkläre dir hier, was es mit dieser Größe auf sich hat und warum ich sie so gern mag.
Vor kurzem durfte ich auf Clubhouse einer tollen Diskussion folgen, bei der es unter anderem darum, ging ob die Base Size eine sinnvolle Art und Weise ist, die Länge eines Tragetuches für eine bestimmte Bindeweise anzugeben, oder ob das zu ungenau sei.
Die Diskussion ist schon ein paar Tage her, geistert aber noch immer durch meinen Kopf. Für mich Grund genug, mich hinzusetzen und eine Liebeserklärung an die Base Size zu schreiben.
Was bedeutet überhaupt “Base Size” bei Tragetüchern?
Als Base Size bezeichnet man die Tragetuchlänge, mit der die tragende Person bequem eine Wickelkreuztrage binden kann. Die Base Size ist eine individuelle Größe, die sich durchaus auch verändern kann. Das kann sein, weil sich der eigene Körper nach der Schwangerschaft verändert, weil das Baby wächst oder auch, weil die persönlichen Vorlieben sich verändern. Sie ist also nicht in Stein gemeißelt, sondern stellt den derzeitigen Zeitpunkt dar, welches Tragetuch gerade passt.
Die Base Size: Ein Mittel zur Inklusion
Der größte Vorteil der Base Size bei Tragetüchern ist in meinen Augen, dass diese Größenangabe uns eine Möglichkeit gibt, Angaben zur Tuchlänge zu machen, ohne dabei Annahmen über die Person zu treffen. Base Size +2 bedeutet, dass zwei Tragetuchgrößen addiert werden, also dass man etwa einen Meter mehr Tuch benötigt als für die Wickelkreuztrage. Base Size -3 hingegen heißt, dass drei Tragetuchgrößen abgezogen werden und man ein sehr kurzes Tuch hat, das etwa 1,5 m kürzer ist. Ich muss also keine Angaben zur effektiven Tuchlänge machen und habe damit dieselbe Information für alle Körperformen, unabhängig der Größe des Kindes und losgelöst von individuellen Vorlieben zur Dicke des Tragetuches, zu der Länge der Tails und so weiter. So wird niemand bevorzugt und niemand wird ausgeschlossen.
Eigentlich könnte ich jetzt auch aufhören zu schreiben, weil eigentlich alles zur Base Size gesagt ist. Das System ist inklusiv, einfach und nachvollziehbar. Perfekt, weil genau so soll Tragen sein. Keep it short and simple.
Was du zur Base Size noch wissen solltest
Trotzdem halte ich es für notwendig, dir einige Ergänzungen und Hinweise mit auf den Weg zu geben, was die Base Size und die richtige Tragetuch-Größe betrifft.
Base Size ist nicht Tragetuch-Größe 6
Eine Fehlinterpretation des Begriffs hat sich leider in den Köpfen vieler festgefressen, und zwar die Annahme, das Base Size ein Synomym für Größe 6 bei Tragetüchern ist. Das Gleichsetzen mit einer bestimmten Tuchlänge bringt das ganze Konstrukt zum Einstürzen und macht es sinnlos.
Es mag sein, dass es viele Trageeltern gibt, deren Base Size eine Größe 6 ist. Ich kenne aber mindestens so viele, die mit einem Tragetuch in Größe 5 oder Größe 7 glücklicher sind. Und dann gibt es natürlich auch noch alles darunter und darüber. Und ja, mir ist durchaus bewusst, das eine Tragetuch-Größe 6 in vielen Fällen eine sichere Wahl ist. Dann sind die Tails eben ein bisschen länger oder kürzer, aber zum Ausprobieren in den Beratungen spielt das meistens keine Rolle und ich denke, genau daher kommt diese Gleichsetzung in den Köpfen der Tragenden. Von dieser Annahme müssen wir aber ganz schnell wieder weg, wenn wir dem System nicht die Kraft nehmen wollen, die es hat.
Die Base Size ist zu ungenau
Ein Kritikpunkt an der Idee der Base Size ist, dass die Angaben zu ungenau wären.
Die Base Size arbeitet mit den Tuchgrößen, die sich ausgehend von Didymos sehr weit in die Tragewelt verbreitet haben. Grob kann man sagen, dass eine Tuchgröße etwa 50 cm Tuch entsprechen. Daraus erschließt sich dann auch, dass die Angaben maximal so genau sein können. Wenn ich also eigentlich 75 cm weniger Tuch brauchen würde, dann ist das trotzdem eine Base Size -1, weil es nunmal keine halben Tuchgrößen gibt. Das ist vollkommen ausreichend für den Alltag, zumal es sich ja nicht um ein absolutes System handelt, sondern um einen Richtwert.
Ebenso wichtig ist noch, nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen, sondern in etwa gleichartige Voraussetzungen anzunehmen. Das bedeutet: Ich hätte gerne am Ende ungefähr gleich lange Tails und ich arbeite in etwa mit einem gleichartigen Tuch. Denn gerade beim Knoten geht oft eine Menge Tuch verloren oder taucht auf – je nachdem, wie man es betrachtet. In diesem Fall finde ich persönlich die Angabe als Richtwert mehr als ausreichend genau.
Definition über die Tuchgröße
Ein weiterer Nachteil der Base Size scheint die Definition über die Tragetuchlänge zu sein. Wenn sich Menschen freuen, dass sie Größe 5 statt Größe 6 benötigen, oder umgekehrt traurig sind, dass sie ein 7er-Tragetuch brauchen.
Aber sind wir mal ehrlich: Das ist kein Nachteil des Systems, das ist ein Fehler unserer Gesellschaft. Kleinere Konfektionsgrößen sind nicht besser! Streicht das bitte ein für alle Mal aus euren Köpfen und fangt an, euch und euren Körper zu akzeptieren. Und bis euch das gelungen ist (ein hartes Stück Arbeit, ich weiß), greift ihr zu Tragetuchmarken, die dazu neigen, eher großzügig abzuschneiden. Kapualove ist hier ein guter Kandidat für gute Laune. Oder du hältst Ausschau nach einem gebrauchten Tuch, das als “lange Größe XY” verkauft wird. Oftmals werden beim Gebrauchtverkauf Tragetücher zum Beispiel als “lange (oder große) Größe 6” bezeichnet, wenn das Tuch sehr lang für eine Größe 6 ist und schon fast in Richtung Größe 7 geht. Und übrigens: Tragen kannst du bei jeder Körpergröße und -form. Dazu habe ich bereits einen Blogartikel geschrieben.
Fazit: Die Base Size ist nicht in Stein gemeißelt
Fassen wir zusammen: Das System der Base Size bietet eine inklusive Möglichkeit, Richtwerte zur Tragetuchlänge einer Bindeweise anzugeben. Wie viel Tuch die tragende Person im Endeffekt verbraucht, kann davon abweichen. Zum Beispiel, weil bei der neuen Bindeweise weniger Tuch im Knoten verloren geht oder weil bei Binden das Tragetuch sauberer festgezogen werden kann. Außerdem verändert sich die Base Size allein schon, weil der Tragling wächst.