Gehörst du zu den Menschen, die besonders groß sind oder die man vielleicht als “Plus Size” bezeichnen würde? Egal, welchen Begriff du bevorzugst: ob groß, lang, dick, rund, mollig oder füllig – wenn du dich schon einmal gefragt hast, ob du dein Baby auch als Person mit großen größen oder Übergewicht tragen kannst, bist du hier genau richtig.

Von manchen von uns gibt es ein bisschen mehr. Sei es, weil wir besonders groß sind oder weil wir ein bisschen mehr Kuschelmasse mit uns bringen als andere. Ich selbst zähle mich gerne auch mit dazu, auch wenn ich mir bewusst bin, dass ich mich mit meiner Konfektionsgröße 44/46 am unteren Rand dessen bewege, was als Plus Size angesehen wird. Unsere Gesellschaft ist divers – Übergröße und auch Übergewicht sind also nichts Ungewöhnliches.

Leider bekomme ich immer wieder mit, dass sich Plus-Size-Eltern Sorgen machen, ob sie überhaupt tragen können. Diese Sorgen sind verständlich, aber nicht notwendig. Es gibt für jede Körperform eine passende Möglichkeit und für große Größen stehen viele verschiedene Arten, Modelle und Hersteller zur Verfügung.

Tragetücher: Die passende Länge bei Übergewicht und Übergröße

Bei den Tragetüchern hängt die Länge zum einen von der Körpergröße der tragenden Person und zum anderen von der gewählten Bindeweise ab. Die Größe des Kindes spielt zusätzlich eine untergeordnete Rolle. Für Plus-Size-Tragende heißt das: Wir brauchen einfach nur ein längeres Tuch. Oder eine andere Bindeweise, wenn es DAS Tuch nicht in der richtigen Größe gibt.

Als Orientierungspunkt gehe ich heute mal von der Base Size aus. Als Base Size oder Basisgröße wird die Tuchlänge bezeichnet, mit der man bequem eine Wickelkreuztrage binden und am Rücken verknoten kann. Ausgehend von dieser Basisgröße kann man dann den Tuchverbrauch für unterschiedliche Bindeweisen und Finishes mit plus / minus x Größen angeben. Ich mag diese Variante der Größenangabe sehr gerne, weil es ohne großen Aufwand unterschiedliche Körperformen und Vorlieben berücksichtigt.

Meine Erfahrungswerte zur Base Size:

In den meisten Onlineshops findet man Tragetücher bis Größe 7. Viele Hersteller bieten aber auf ihren Herstellerseiten auch Tücher in Größe 8 standardmäßig an.
So zum Beispiel: Didymos, Lenny Lamb, Wermli, Oscha, Yaro oder Girasol.
Auf Anfrage sind in den meisten Fällen auch längere Tücher absolut kein Problem. Eine kurze Mail an den Hersteller reicht hier in der Regel aus. Bei den meisten Herstellern liegen zumindest die Standarddesign-Stoffe meist in großen Rollen im Lager, deine Tuchlänge ist so gesehen nur ein Schnitt an einer anderen Stelle. Trau dich, zu fragen!

Mit dem Tragetuch stehen dir zahlreiche Bindeweisen zur Verfügung, die man zum Teil mit Finishes und anderen Tipps und Kniffen auch noch zusätzlich anpassen kann. Eine passende Bindeweise für deine Bedürfnisse lässt sich also sicherlich finden. Wenn die Stoffmassen dich abschrecken, dann wirf einen Blick auf Shorty-Bindeweisen. Vielleicht nicht unbedingt für Neugeborene, aber sobald dein Kind in seiner Körperhaltung etwas stabiler ist, eröffnet sich hier eine neue Welt, wie man auch mit kürzeren Tüchern vielfältige Möglichkeiten hat, sein Kind einzubinden.

Elastische Tragetücher werden meistens in nur einer Größe produziert, sind aber mit rund fünf Metern relativ lang. Sie sind insbesondere am Anfang mit einem Neugeborenen eine Alternative zum gewebten Tuch.

Ring Sling: Die passende Länge finden

Auch Ring Slings werden in unterschiedlichen Größen hergestellt und es lohnt sich immer, einen Blick auf die Herstellershops zu werfen. Auf dem Gebrauchtmarkt wirst du manchmal unter dem Begriff „Long Sling“ fündig. Am besten misst du aus, wie lang dein Sling sein muss. Vergiss nicht, die Menge Stoff dazuzugeben, die du gerne nach dem Binden hängen lassen möchtest. Da sind die Vorlieben mitunter recht unterschiedlich.

Wenn du keinen Sling in deiner Größe findest, der dir gefällt, dann kann man aus einem Tuch und losen Sling-Ringen sehr einfach einen Ring Sling nähen (lassen). Madame Jordan kann ich dir als Dienstleisterin sehr empfehlen. Mit grundlegenden Nähkenntnissen gelingt dir das auch sicher selbst.

Der Ring Sling ist zudem eine tolle Tragehilfe, weil er ein kleines Packmaß hat und sich so schnell und leicht in die Tasche stecken lässt. Außerdem kann man damit auch auf der Hüfte tragen oder dezentral vor dem Bauch. Das kann zum Beispiel bei einer großen Oberweite eine sinnvolle Option sein.

Tragehilfen für große Größen

Auch bei Tragehilfen ist die Auswahl an Tragen, die für Plus-Size-Menschen mit Übergröße oder Übergewicht passen, sehr groß. Der Knackpunkt bei den Tragehilfen ist meistens weniger der Umfang des Hüftgurtes, sondern die Handhabung und der Komfort. Beim Hüftgurt ist es so, dass die Gurtlänge der meisten Tragehilfen ca. 140 cm beträgt. Das heißt, bis zu diesem Bauchumfang musst du dir wegen der Länge des Hüftgurtes keine Gedanken machen.

Für größere Bauchumfänge oder auch mehr Komfort beim Anlegen bieten viele Hersteller Hüftgurtverlängerungen an, die den Hüftgurt nochmal um 20 bis 60 cm verlängern. Theoretisch können auch mehrere Hüftgurtverlängerungen kombiniert werden, da es sich in der Regel um mit Gurtband verbundene Schnallen handelt. Bevor die die Verlängerungen kombinierst, halte aber bitte kurz Rücksprache mit den Herstellern, ob dies für das individuelle Produkt zulässig ist. Da die Hüftgurtverlängerungen in der Regel ungepolstert sind, lohnt es sich hier allenfalls, in zusätzliche Gurtpolsterung zu investieren.

Lange Schulterträger bei Tragehilfen – ein Geheimtipp

Bei den Schulterträgern müssen wir zwischen geschlossenen Trägern (Fullbuckle) und Trägern zum Binden unterscheiden. Bei den Trägern zum Binden ist meistens die Länge entscheidend, da der Verlauf hier besser beeinflusst werden kann. Die Länge der Träger fällt sehr unterschiedlich aus. In aller Regel sind die Träger bei WrapConversions sehr lang, so dass diese ein Geheimtipp für Menschen mit viel Umfang sein können. So hat beispielsweise die WrapStar von Kokadi 240cm lange Schulterträger und ist damit meines Wissens die Trage mit den längsten Schultergurten, die standardmäßig verkauft wird. Andere Anbieter sind aber nicht wesentlich kürzer.

Bei den Tragen mit geschlossenen Schultergurten ist neben der Länge manchmal auch die Handhabung das Thema, und zwar dann, wenn du die Gurte nicht mehr erreichen kannst, um die Trage festzuziehen. Hier solltest du ausprobieren, was für dich machbar ist und wo die Schnallen bei deiner Körperform anliegen. Schließe bitte Fullbuckles nicht per se aus, bloss weil dies ein Problem sein KANN und weil in vielen Foren von Fullbuckles bei Übergwicht oder generell großen Größen abgeraten wird. Ich kenne sehr viele Menschen auch mit großen Kleidergrößen, die mit einer Fullbuckle ihre perfekte Trage gefunden haben. Gerade Tragehilfen wie ErgoBaby, Manduca und Huckepack werden gerne und oft empfohlen.

Deshalb empfehle ich dir einmal mehr, Tragehilfen immer vor dem Kauf zu testen. Dabei ist es völlig egal, welche Körperform du hast.

Eine Option, die immer ebenfalls offen steht, sind Wunschtragen. Viele Hersteller bieten die Möglichkeit, Tragen aus dem eigenen Tuch herstellen zu lassen. Zusätzlich existieren zahlreiche kleine Label, die Tragen in kleiner Stückzahl herstellen. In vielen Fällen ist es dann auch möglich, das Gurtband etwas länger zu machen oder andere, individuelle Anpassungen vorzunehmen. Frag bei Bedarf einfach dort nach, was möglich ist.

Ein paar Tipps und Tricks für den Alltag zum Tragen bei Übergröße

Die Gurtbänder schneiden ein?

Manchmal schneiden die Gurtbänder von Tragehilfen unangenehm ein. Dies lässt sich vermeiden, wenn man die Gurte abpolstert. Entweder, indem man Schulterpolster verwendet, die diverse Hersteller als Zubehör anbieten, oder indem man Babystulpen auf den Gurt auffädelt.

Wenn der Gurtverlauf unangenehm ist

Viele Tragehilfen mit geschlossenen Schultergurten (Fullbuckle) bieten die Möglichkeit, die Gurte am Hüftgurt oder am Rückenpaneel zu befestigen. Wenn du den Befestigungspunkt veränderst, ändert sich der Trägerverlauf. Probiere am besten einmal aus, was für dich bequemer ist.

Nutze verschiedene Bindeweisen

Neben den Bindeweisen, die man in den Anleitungen findet, um eine Tragehilfe anzulegen oder ein Tuch zu binden, gibt es immer auch noch andere Wege. Vielleicht ist einer davon für dich passender. Frage am besten deine:n Trageberater:in, ob sie oder er dir Alternativen zeigen kann. Wenn du es selbst probieren möchtest und dich zum Beispiel an YouTube-Videos orientierst, dann achte bitte besonders gut auf die Sicherheit und übe die Handgriffe auf jeden Fall zuerst einmal mit einer Puppe oder einem Kissen. Denk immer daran: Nicht alles, was man im Internet an Tipps findet, ist auch sinnvoll und sicher.

Muffintop und Co. bei Übergewicht

Wenn der Tuchverlauf oder die Gurte Fettpölsterchen sichtbar machen und du dich deswegen nicht wohl fühlst, gibt es auch dagegen einige Tipps. Probier bei Tragehilfen einfach mal verschiedene Bauchgurtformen aus. Mal passt schmal besser, mal breit, mal weich und mal hart. Du hast hier die Auswahl und kann dich für die Form entscheiden, die dir am besten passt. Es kann helfen, wenn du das Tuch auffächerst. Oder du führst das Tuch statt einem schmalen Strang breiter über deinen Körper. Aber pass auf, dass du nicht zu viel Spannung verlierst.

Diese Informationen sind für eine Trageberatung wichtig:

Trageberater:innen schätzen es, sich gut auf eine Beratung vorbereiten zu können, damit die Beratung für alle einen Erfolg wird. Deswegen ist es sinnvoll, im Vorfeld über deine Wünsche und Bedürfnisse zu sprechen. Dazu zählt auch Material in der passenden Größe. Wenn du dich selbst zu den übergewichtigen Menschen zählst, informiere deine:n Trageberater:in über deine Wünsche und Bedürfnisse. Die meisten Berater:innen sind gut vernetzt und können ein Tuch in der benötigten Länge, eine Gurtverlängerung oder auch einfach die angefragte Trage leicht organisieren, wenn sie das Gewünschte nicht selbst im Sortiment haben.

Plus Size, Übergewicht & Übergröße: Ein kleiner Exkurs zur Wortwahl

Der Artikel liegt schon lange auf meinem Computer, weil mir das Thema wichtig ist und es gerade im deutschen Sprachraum kaum Blogartikel und Informationen zu diesem Thema gibt. Was mich davon abgehalten hat, ist die Frage der richtigen Wortwahl. Mir ist es sehr wichtig, mit meiner Wortwahl niemanden zu verletzen und möglichst nicht in ein Fettnäpfchen zu treten. Das gelingt mir zugegebenermaßen nicht immer. Ich gebe mir aber Mühe, mich stetig zu verbessern und bin froh, wenn mich jemand darauf aufmerksam macht, wenn es mir einmal nicht gelingt.

Aber besonders bei diesem Thema fällt es mir schwer, sinnvolle deutsche Wörter zu finden. Viele Begriffe sind nicht wirklich definiert und die eigenen Einschätzungen weichen oft stark ab. Nun ist es schlussendlich eine Mischung verschiedener Begriffe wie Übergröße und Übergewicht geworden, die hauptsächlich in der Bekleidungsindustrie zum Einsatz kommen oder einfach sehr viel gegoogelt werden, sowie dem aus dem Amerikanischen stammenden Begriff “Plus Size”. Ein toller Artikel zu Thema und den damit verbundenen Thematiken gibt es bei Marshmallow Mädchen.

Es soll keinerlei Bewertung einer Körperform stattfinden, das ist mir wichtig!

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