Vielleicht ist dir schon folgendes passiert: Du willst dein Kind in einer Tragehilfe tragen, schaust dir die Anleitung an und fragst dich: Ist der Gurt ein Bauchgurt, ein Hüftgurt oder doch ein Taillengurt? Wo soll dieser Gurt denn nun eigentlich hin? Es ist relativ egal, welche Tragehilfe man verwendet, um ein Baby oder Kleinkind nah bei sich zu tragen: ob Fullbuckle, Halfbuckle oder MehDai – am unteren Ende des Rückenpaneels befindet sich immer ein Gurt.
Der Gurt gehört um die Körpermitte der tragenden Person und hat dabei zwei Aufgaben: Erstens soll er das Kind davor schützen, nach unten aus der Tragehilfe herauszufallen. Zweitens dient der Gurt dazu, das Gewicht des Kindes auf die tragende Person abzugeben und das Tragen somit leichter zu machen.
Um diese Aufgaben zu erfüllen, muss der Gurt um den Körper des Tragenden geschlungen werden. Und da stellt sich jetzt die Frage: Wo, an welcher Körperstelle? Ob Hüfte, Bauch oder Taille, das erkläre ich dir jetzt.
Ein Gurt, scheinbar viele Möglichkeiten?
Der Begriff Hüftgurt, den viele Tragehilfen-Hersteller in ihrer Anleitung verwenden, legt nahe, dass der Gurt auf der Hüfte sitzen soll. Andere Hersteller bezeichnen den Gurt ihrer Tragehilfe als Taillengurt, was einen deutlich höheren Punkt suggeriert. Das wäre in etwa auf Höhe des Bauchnabels, also deutlich höher als die Hüfte. Das Gleiche gilt für den Begriff Bauchgurt. Fragt man die Trage-Community in den sozialen Medien, bekommt man meistens den Tipp, den Hüftgurt höher anzulegen, um die Tragehilfe besser beuteln zu können. Schaut man sich sich die Produktbilder der Hersteller an, fällt auf, dass der Gurt auf ganz unterschiedlichen Höhen angelegt wird. Die Verwirrung ist perfekt. Was ist denn nun richtig? Wo gehört der Gurt der Tragehilfe hin?
Lass uns dieses Thema mal Schritt für Schritt und von verschiedenen Seiten angehen.
Tragehilfen: Gurt ist nicht gleich Gurt
Wenn wir uns verschiedene Tragehilfen anschauen, dann sehen wir, dass es – grob gesagt – zwei unterschiedliche Arten von Gurten gibt. Die einen sind gerade geschnitten und eher weich, die anderen gebogen und eher hart. Zusätzlich unterscheiden sich die Gurte der Tragehilfen noch in ihrer Breite. Ebenso erkennt man recht große Unterschiede in der Beschaffenheit: von sehr weich bis mittelweich über hart bis sehr starr.
Ein dünner Gurt an der Tragehilfe kann am Bauch sitzen, aber auch auf der Hüfte.
Die unterschiedlichen Gurte fühlen sich natürlich nicht gleich an und sind auch nicht unbedingt an den unterschiedlichen Körperstellen gleich bequem. Was für dich beim Tragen passend und bequem ist, dass musst du einfach ausprobieren.
Eine kleiner Exkurs für die Trageberater:innen unter meiner Leserschaft:
Unter Trageberaterinnen kam kürzlich die Idee auf, die weichen, geraden Gurte als Bauchgurte und die härteren, gebogenen als Hüftgurte zu bezeichnen. Meiner Meinung nach ist diese Einteilung Quatsch, weil sowohl ein Hüftgurt auf dem Bauch getragen werden kann als auch ein Bauchgurt auf der Hüfte. Die Unterscheidung ist also irreführend und ohne jeden Informationsgehalt. Wenn man die beiden Arten begrifflich unterscheiden möchte, dann wären Begriffe wie gerader (Bauch-)Gurt bzw. gebogener oder ergonomischer (-)Gurt weit weniger willkürlich und würden die Information über den Gurt wesentlich treffender wiedergeben.
Wovon hängt es ab, ob der Gurt auf der Hüfte oder auf dem Bauch angelegt wird?
In der Regel platzierst du dein Baby ein kleines Stück vor dem Gurt. Damit hat die Gurtposition direkten Einfluss auf die Position des Babys. Je tiefer der Gurt, desto tiefer das Baby. Logisch, oder?
Dieser Zusammenhang ist der Grund, warum ich immer empfehle, die Position des Gurtes nach der gewünschten Position des Babys auszurichten und nicht umgekehrt. Halte dir dein Kind so vor deinen Oberkörper, dass es für dich bequem ist. Wichtig ist, dass du deinen Kopf frei bewegen kannst. Und jetzt legst du dir den Gurt an der Stelle um, an der sich der Popo deines Babys befindet. Et voilà – nun befindet sich dein Baby auf deiner Komforthöhe. Erfahrungsgemäß kann diese Wohlfühlhöhe bei jedem sehr unterschiedlich ausfallen. Väter tragen zum Beispiel gerne etwas tiefer als Mütter und auch die Oberweite der Frau kann dabei eine Rolle spielen, wo es sich für sie bequem anfühlt..
Rückenpaneel der Trage verkürzen
Aber wie es beim Thema Tragen so ist: Nichts ist so einfach und banal wie es scheint. Denn mit der oben genannten Variante nutzen wir immer die komplette Länge des Rückenpaneels aus. Das kann für manche Kinder aber zu lang sein, besonders bei noch kleinen Kindern. In diesem Fall können wir die Gurtposition dazu nutzen, die Länge des Rückenpaneels an die Größe des Kindes anzupassen. Hier kannst du zwischen zwei Varianten wählen:
- Variante 1: Du bindest den Gurt höher und setzt das Kind tiefer in das Rückenpaneel hinein. Das Paneel bildet jetzt ein kleines U um das Kind herum und verkürzt sich dadurch. Das funktioniert mehr oder weniger bei allen Tragehilfen.
- Variante 2 (funktioniert bei Tragehilfen mit Trägern zum Binden): Du nimmst den Gurt tiefer, orientierst dich beim Positionieren deines Kindes nicht mehr am Gurt, sondern an der Kopfkante und bindest dir mit den Trägern einen neuen Abschluss nach unten. Genau dort, wo du ihn für dein Kind brauchst. Die Träger verkürzen also das Rückenpaneel.
Du siehst also: Selbst beim gleichen Ziel (das Rückenpaneel zu verkürzen) kann der Gurt entweder nach oben oder nach unten rutschen. Ein Hüftgurt wird zu einem Bauchgurt oder umgekehrt.
Der Orientierungspunkt, nach dem du dich richten solltest, ist aber in allen Fällen das Kind und die gewünschte Höhe vor deinem Körper. Die Gurtposition ist also abhängig von der Größe des Kindes im Verhältnis zu deinem Oberkörper (und eventuell von der Länge des Rückenpaneels). Klingt kompliziert, aber wenn du es in der Praxis ausprobierst, wirst du merken, wie einfach es ist.
Das Thema Stabilität beim Tragen
Neben den beiden erwähnten Punkten Komfort und Länge des Rückenpaneels gibt es noch einen weiteren, für mich nicht minder relevanten Punkt. Je größer der Abstand zwischen den Schultern der tragenden Person und dem Ansatzpunkt der Schulterträger an der Tragehilfe ist, umso instabiler wird die ganze Trage.
Längerer Abstand bedeutet in aller Regel, dass der Gurt tiefer sitzt. Und genau hier fängt für mich der Punkt an, warum ich es so wichtig finde, über dieses Thema zu sprechen: Ein Hüftgurt muss nicht zwingend auf die Hüfte, auch wenn der Name das suggeriert! Instabil bedeutet in aller Regel auch unbequem: Auch hier ist also dein persönliches Empfinden ein idealer Maßstab. Eine weitere, sehr einfache Möglichkeit, die Stabilität zu überprüfen, ist der „Lehntest“: Lehne dich nach vorne, wenn du dein Kind in der Trage vor dem Bauch hast. Wenn der Körper deines Kindes sich nicht wesentlich von dir löst, dann ist die Bindeweise ausreichend stabil.
Tragen auf dem Rücken
Alles, was ich dir bisher erklärt habe, gilt auch beim Tragen auf dem Rücken. Hier richtet sich die Höhe in erster Linie ebenfalls nach der Wohlfühlhöhe des Tragepaares – natürlich vorausgesetzt, auf der gewünschten Höhe kann das Kind stabil getragen werden.
Wohlfühlhöhe bedeutet auch, dass du bitte nicht auf die Idee kommen solltest, Gurte über die Brust zu führen (erst recht nicht, wenn du stillst, sonst droht womöglich ein Milchstau), wenn dir das nicht angenehm ist. Kinder sehen auch auf der Seite raus und es ist absolut kein Muss, dass ein Neugeborenes über die Schulter schauen kann. Sobald der Tragling größer wird, ergibt sich das meistens von selbst und der Po als Anhaltspunkt rutscht entsprechend tiefer.
Wie lege ich meinen Gurt richtig an?
Unabhängig von der Höhe des Gurtes ist es wichtig, dass der Gurt gerade um deinen Körper verläuft und du ihn gut festziehst. So kann der Gurt optimal das Gewicht deines Kindes aufnehmen und an deinen Körper weitergeben. Außerdem verhinderst du so auch, dass der Gurt der Tragehilfe sich verformt oder verdreht.
Einige Hersteller verwenden Sicherheitsschnallen, um den Gurt zu verschließen. Um diese Schnallen wieder zu öffnen, benötigst du beide Hände oder ziemlich viel Geschick. Andere Hersteller sichern ihre Schnallen durch sogenannte Sicherheitsgummis zusätzlich ab. Es ist zwar manchmal etwas mühsam, die Schnallen durch diese Gummis zu fummeln, aber durchaus sinnvoll. Die Gummis stellen sicher, dass der Gurt im (unwahrscheinlichen) Fall, dass sich die Schnalle öffnet, nicht komplett aufgeht. Sie dienen also der Sicherheit deines Kindes.
Fazit: Der Gurt gehört auf Wohlfühlhöhe
Ich kann dir also folgendes mitgeben: Egal, ob der Hersteller der Tragehilfe, eine Fachperson oder sonst jemand diesen besagten Gurt als Hüft-, Taillen- oder Bauchgurt bezeichnet, lege ihn bitte dort an, wo es für dich und deinen Tragling passend ist. Wähle eine Trage, die für dich bequem ist, und probiere dabei einmal ganz bewusst beide Varianten aus: stabiler, geformter Gurt oder weicher, gerader Gurt. Vielleicht ändert sich deine Vorliebe auch, wenn dein Kind größer wird.
Es gilt wie immer: Die perfekte Trage ist sicher, bequem und für euch passend.
Sicherheitsgummi verwenden!
Egal, wo du welchen Gurt anlegst, achte bitte darauf, dass er gerade um deinen Körper herumläuft und zieh ihn gut fest. Wenn die Schnalle über ein Sicherheitsgummi verfügt, dann verwende es bitte auch.
Lieber als Video?
Wenn du dir das ganze lieber als Video anschauen möchtest, dann findest du hier eine entsprechende Anleitung.